Haushaltsrede 2024 der FDP-Fraktion

In der Ratssitzung am 21. März wurde der Doppelhaushalt 2024/2025 mit den Stimmen der Fraktionen CDU, Bündnis 90/Die Grünen und Freie Wähler beschlossen.

Die FDP-Fraktion konnte dem Haushalt nicht zustimmen, wie unsere Fraktionsvorsitzende Miriam Clemens in Ihrer Haushaltsrede erläutert:

- Es gilt das gesprochene Wort -

„Sehr geehrter Herr Dr. Schumacher,

sehr geehrte Anwesende,

„Aus der Coronawelle in die Pleitewelle“ so begann meine Haushaltsrede im vergangenen Jahr, die nicht nur unsere vorübergehende Lage kennzeichnete.

„Ein weiter so darf es nicht geben“, diese Aussage konnten Sie kürzlich von mir in der Presse lesen. Alfter benötigt echte Veränderung, wir müssen von alten Mustern, die uns in die jetzige prekäre Lage geführt haben, Abstand nehmen. Mehr Weitsicht, statt Kurzsicht - ein „Weiter so“ lehnen wir kategorisch ab.

Sehr geehrter Herr Heinrich, ich möchte mich im Namen der FDP-Fraktion bei Ihnen und Ihrem gesamten Team der Kämmerei, für die stets vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit bedanken. Die Nachricht über Ihr Versetzungsgesuch war für uns ein Schock sowohl menschlich als auch fachlich. Ihren stets wohlüberlegten Ton sowie wie Ihre Fachexpertise schätzen wir sehr. Unsere Kritik und ablehnende Haltung gegenüber dem Haushalt richten sich nicht gegen Ihre Arbeit, sondern dem zugrundeliegenden politischen Kurs. Es fällt uns schwer Sie gehen zu lassen, wir freuen uns jedoch zugleich über die sich Ihnen bietende Möglichkeit zur beruflichen Weiterentwicklung.

Der Presse gegenüber habe ich unsere Befürchtung über weiteren Personalwechsel geäußert. Diese Befürchtung wird durch einen Trend untermauert – wir erleben bereits seit dem letzten Jahr einen spürbaren Weggang von Mitarbeitenden. Dieser Umstand ist unserer Auffassung Symptom der derzeitigen Lage und mahnt uns, über eine strikte Haushaltsdisziplin hinaus sorgfältig zu überlegen, welche Signale Herr Dr. Schumacher und wir als Rat durch unsere zukünftigen Personalentscheidungen an die Mitarbeitenden der Verwaltung senden.

Hinzu kommen die Herausforderungen des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels. In den Jahren 2024 bis 2033 wird hier in Alfter eine signifikante Anzahl an Renteneintritten erwartet. Als Reaktion darauf haben wir einen umfassenden Antrag zur interkommunalen Zusammenarbeit mit den linksrheinischen Kommunen gestellt, der nebenbei einen wesentlichen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten kann. Wir begrüßen die einstimmige Beschlussfassung und werden die Umsetzung konsequent verfolgen.

Für die intensive und konstruktive Erarbeitung von Konsolidierungsmaßnahmen möchten wir uns bei allen Beteiligten bedanken. Bekanntermaßen haben wir die Hebesatzsatzung mit 995 Punkten im Dezember abgelehnt, da mit diesem Hebesatz die finanziellen Probleme nach unserer Einschätzung lediglich in die Zukunft verschoben werden - Stichwort Hebesätze in der mittelfristigen Finanzplanung.

Anders als die SPD-Fraktion stehen wir einer Wiederaufnahme der nichtöffentlichen Lenkungsgruppe kritisch gegenüber. Die Erfahrungen der letzten Monate haben klar aufgezeigt, dass mangelnde Transparenz zu erheblichem Unmut in der Bevölkerung führt.

Transparenz haben die Bürgerinnen und Bürger sich auch aus der Informationsveranstaltung zum Haushalt erhofft. Die erste Verschiebung war der späteren Einbringung des Haushaltes geschuldet, die zweite Verschiebung Ihrer Abwesenheit Herr Dr. Schumacher. Wie sagt man so schön „aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ – dies trifft auf die Bürgerinformationsveranstaltung nicht zu, denn einen Ersatztermin gab es nicht und heute wird der Haushalt beschlossen. Zumindest konnte durch einen Antrag der FDP-Fraktion erreicht werden, dass die Anregungen der Bürgerinnen und Bürger in die Haushaltsberatungen einfließen. Mit unserem Haushaltsantrag „Einführung von Bürgerbeteiligung beim Haushalt“ möchten wir ein dauerhaft niederschwelliges Beteiligungsformat einführen.

Ein entscheidender Faktor in der Alfterer Haushaltspolitik sind die vom Land NRW delegierten Pflichtaufgaben, die, aufgrund der nicht vollständigen Einhaltung des Konnexitätsprinzips „Wer bestellt, bezahlt“, signifikant zu unserer prekären Haushaltslage beitragen. Es ist von grundlegender Bedeutung, die strikte Anwendung dieses Prinzips einzufordern. Hierbei verweisen wir erneut auf den soeben bereits angesprochenen Ratsbeschluss, der bislang nicht vollständig umgesetzt wurde.

Des Weiteren hat das Dritte NKF-Weiterentwicklungsgesetz des Landes NRW keine substanzielle Verbesserung der kommunalen Finanzlage zur Folge, sondern bietet lediglich eine weitere Bilanzierungshilfe, die realiter keine zusätzlichen finanziellen Mittel für unseren Haushalt bereitstellt.

Gleichzeitig trägt auch der Rat eine Mitverantwortung für die gegenwärtige Haushaltslage. Wir Freie Demokraten, bekennen offen, dass nicht alle vor der Pandemie und dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beschlossenen Investitionsprojekte – angesichts der folgenden massiven Baukostensteigerungen und Inflation – weise Entscheidungen waren. Ein Vorhaben wie das ISEK – die Ortskernumgestaltung von Alfter – würden wir heute in dieser Form nicht mehr unterstützen. Wir haben uns dafür stark gemacht, dieses Projekt in die Konsolidierungsliste aufzunehmen und dessen Umfang zu minimieren. Trotz der Reduzierung wird uns das Projekt weiterhin vor große Herausforderungen stellen.

Wir Freie Demokraten, bekennen uns dazu, den Rotstift auch bei uns selbst anzusetzen. Neben der bereits durch unseren Antrag bewirkten Digitalisierung der Ratsarbeit, die jährliche Einsparungen von über 40.000€ nach sich zieht, haben wir auch die Verkleinerung des Rates für die nächste Wahlperiode beantragt, Einsparungspotential von jährlich bis zu 15.360€. Eine Entscheidung wird vor der Sommerpause erfolgen.

Erneut sehen wir uns mit der Situation konfrontiert, dass Herr Dr. Schumacher ein kostenintensives Projekt kurzfristig vorantreibt – die Radpendlerroute, die bereits seit Dezember 2022 verwaltungsseitig auf der Konsolidierungsliste steht und ausreichend Zeit für Gespräche mit den Nachbarkommunen bestand. Geschätzte Kosten rund 1,9 Mio. €, die tatsächliche Förderquote sowie Folgekosten unklar. Wir würden dieses wünschenswerte interkommunale Projekt bei einer anderen Haushaltslage unterstützen, doch die Haushaltslage lässt eine Unterstützung nach unserer Auffassung nicht zu. Herr Dr. Schumacher es ist den Bürgerinnen und Bürgern nicht vermittelbar auf der einen Seite ein Neubauprojekt mit derartigem Investitionsvolumen zu starten und auf der anderen Seite zu kommunizieren, dass keine Straßensanierungen und im Grunde dringend notwendige Beseitigung von Schlaglöchern durchführen zu können. Während die gleich im Anschluss (bislang rausklingende Entscheidung von CDU und Grünen für die Durchführung des Neubauprojektes) zu treffende Entscheidung Teil demokratischer Prozesse ist, dient es jedoch nicht der Bewältigung unserer prekären Haushaltssituation und wird damit keine Zustimmung der FDP-Fraktion erhalten.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, im Vergleich zur Einbringung im Dezember zeigt sich die Haushaltssituation nur minimal „verbessert“. Obwohl der Hebesatz für 2025 bei 995 Punkten gehalten oder aufgrund der neuen Grundsteuerreform sogar gesenkt werden könnte, weist die Prognose für das Jahr 2027 einen Hebesatz von 1.700 Punkten auf. Die Prognose der Ergebnisplanung weist bis 2028 durchgängig Jahresdefizite aus - konkret -2.361T€ für 2024 und -2.541T€ für 2025. Trotz der wiederholten Mahnungen des Kämmerers zur prekären Haushaltslage scheint die bisherige Strategie einiger Fraktionen hauptsächlich auf kurzfristige Haushaltsführung ausgerichtet, ohne den notwendigen Blick bis 2028 oder darüber hinaus zu wagen. Jede Ausgabe, jede Investition sei sie noch so klein oder millionenschwer, gehört nach wie vor auf den Prüfstand.

Es ist bemerkenswert, dass neben uns Freien Demokraten lediglich Bündnis 90/Die Grünen Anträge zum Haushalt eingebracht haben.

Wir haben unser Engagement für eine konstruktive Haushaltskonsolidierung angekündigt und mit unseren Haushaltsanträgen Haushaltsanträge der FDP-Fraktion (fdp-alfter.de) in die Tat umgesetzt. Dieses Engagement werden wir fortsetzen.

Unsere Entscheidung richtet sich nicht gegen die Bücherei, die Feuerwehr, Kita, Schule und OGS oder Geflüchtete, wie mir im Dezember vorgehalten wurde. Unsere Entscheidung richtet sich gegen ein unreflektiertes „weiter so“ – wir werden dem Haushalt nicht zustimmen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.“

In der gleichen Sitzung hatte der Rat als Behörde anstelle der Verwaltung einen rechtsverbindlichen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Abs. 1 VwVfG NRW über die Unzulässigkeit des Bürgerantrages zur Einleitung des Abwahlverfahrens des Bürgermeisters gemäß § 66 GO NRW zu erlassen. Zu den Gründen: Entscheidung zum Bürgerantrag zur Einleitung des Abwahlverfahrens des Bürgermeisters (fdp-alfter.de)